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Tryggð

Tryggð – The Deposit, Drama, Island 2019, 89 min,
Ásthildur Kjartansdóttir, Kinostart Juli 2020, OmdU

Bei Ásthildur Kjartansdóttirs anmutigem Debüt geht es um die Grenze zwischen Freundlichkeit und Grausamkeit. Gisella träumt davon, als Journalistin wichtige und richtige Dinge zu schreiben und so auch zu handeln. Aus diesem Grund kündigt sie auch ihren Job bei der Zeitung, nachdem mal wieder ein Artikel von ihr wegen der Verkaufszahlen bearbeitet wurde.
Sie beginnt deshalb mit einer Recherche über die Lebenssituation von Einwanderern, wo sie Marisol, Abeba und ihre Tochter Luna kennen, die in einer Baracke am Hafen wohnen. Um ihre finanziellen Probleme zu lösen, lädt sie sie ein, in ihrem großen Haus zu wohnen, das sie von ihrer Großmutter geerbt hat. Zunächst funktioniert alles gut, aber bald wird der gegenseitige Respekt der drei Frauen zu einem Machtkampf, und die Gastfreundschaft wird durch Regeln und ein System von Strafen ersetzt.

Credits

Verfügbar: DCP/Plakat nur digital

Regie: Ásthildur Kjartansdóttir
Drehbuch/Skript: Ásthildur Kjartansdóttir
Buchvorlage: Auður Jónsdóttir
Produktion: Askja Films, Rebella Filmworks
Produzent: Eva Sigurðardóttir, Ásthildur Kjartansdóttir
Darsteller: Elma Lísa Gunnarsdóttir (Gísella), Enid Mbabazi (Abeba), Raffaella Brizuela Sigurðardóttir (Marisol), Claire Harpa Kristinsdóttir (Luna), Valur Freyr Einarsson (Gunnar), Theodór Júlíusson (Jakob), u.a.
DOP/Kamera: Ásgrímur Guðbjartsson
Ton/Sound Music Kira Kira
Schnitt/Editing: Andri Steinn
Set Design: Stígur Steinthórsson

Inhalt (lang)

Gisella ist Journalistin in Reykjavík und träumt davon, wichtige und aufrichtige Dinge zu schreiben. Stattdessen werden ihre Texte in der Redaktion gekürzt und verändert, weil die Leserschaft es wünscht. Nach einem weiteren Vorfall kündigt Gisella Hals über Kopf ihren Job. Schnell wird ihr klar, dass sie ohne Einkommen ihren Lebensstandard nicht halten kann.
Bei einem Rechercheprojekt über die Lebenssituation von Migrantinnen und Migranten in Island lernt sie die beiden Frauen Marisol und Abeba sowie Abebas kleine Tochter Luna kennen. Sie bewohnen eine alte Baracke am Hafen und gerade wegen des kleinen Mädchens hat Gisella schnell Mitleid mit ihnen. Trotz anfänglicher Skepsis bietet sie ihnen schließlich an, bei ihr einzuziehen.
Im großen Haus ihrer Großmutter ist ausreichend Platz und so kann sie den Frauen helfen und auch ihre eigene finanzielle Notlage durch die Miete lindern.
Anfänglich sind Marisol und Abeba in Gisellas Augen neue Freundinnen und durch Luna fühlt sie sich fast als Mutter. Dabei verkennt sie aber die tatsächliche Ungleichheit der Beteiligten und die ungewollte und fatale Vermischung von Eigennutz und Mitmenschlichkeit. Alles ist so lange gut, wie die drei Mitbewohnerinnen sich wie Gäste verhalten und Gisellas Ansprüchen und Wünschen genügen …

In ihrem Spielfilm-Debut „Tryggđ“ thematisiert Ásthildur Kjartansdóttirs eingehend und nachvollziehbar die Grenzen, Schwachstellen und die Zerbrechlichkeit von Menschlichkeit und Hilfsbereitschaft. Kjartansdóttirs arbeitet dabei mit der Buchvorlage von Auður Jónsdóttir („Tryggðarpantur“, Island 2006), die für ihren Roman 2006 für den Icelandic Literature Award nominiert war. Kjartansdóttir hat die Grundidee über die Jahre gerettet und die wesentlichen Fragen an das Mensch-Sein in einen anderen Kontext gestellt.

Technische Daten

Länge 89 min
Format: DCP
Format: 16:9 (1920:1080)

Reviews

Man kann kaum anders, als sich mit ihr (Gisella) zu identifizieren, und wenn sie sich dann langsam von einer Gutmenschin in eine Frau verwandelt, die rücksichtslos ihre Privilegien verteidigt und schließlich zur Denunziantin wird, muss sich jede und jeder die beunruhigende Frage stellen, was sie oder er in dieser Situation getan hätte.
taz.de

Dankbarkeit und Nächstenliebe müssen in diesem Drama aus Island dem unaufhaltsamen Kontrollkampf um die eigene Existenz weichen. Regisseurin Ásthildur Kjartansdóttir liefert mit ihrem Langfilmdebüt „Tryggð – The Deposit“ eine ambivalente Grenzerfahrung, die sich in den eigenen vier Wänden abspielt, dabei zwischen Besitz und Anspruch, Eigennutz und Wohlwollen verhandelt und offen legt, wie radikal man an seinen eigenen Moralvorstellungen scheitern kann.
Kino-Zeit.de

Ásthildur Kjartansdóttirs Film ist dicht inszeniert und die exzellenten Schauspielerinnen lenken von der etwas zu deutlichen Konstruiertheit der Geschichte ab. Elma Lísa Gunnarsdóttir als Frau, die glaubt, das Gute zu wollen, aber zu erheblicher Brutalität fähig ist, zeigt sehr präzise, wie ein Überschreiten ihrer persönlichen Grenzen sie verstört, während sie selbst keinerlei Respekt für die Grenzen anderer besitzt. Sie will sich selbst verwirklichen, kann das aber nicht, weil sie nicht die Person ist, für die sie sich hält.
Indiekino.de

In ihrem Spielfilmdebüt erörtert Ásthildur Kjartansdóttir Fragen von Macht, Besitz und Ressourcen am Beispiel der Lebensgeschichten der Protagonistinnen. Der Film widmet sich den Herausforderungen, mit denen sowohl die konfrontiert sind, die helfen wollen, als auch die, die Hilfe annehmen.
Tip-Berlin.de

Doch wie wäre das, sich tatsächlich mit diesen Leuten (Anm. „den Flüchtlingen“)  auseinanderzusetzen, ihnen zuzuhören, ihre Geschichten zu erfahren? Basierend auf einem Roman von Auður Jónsdóttir tut Tryggð das, indem drei Frauen auf einmal ihr Leben miteinander teilen. Was vorher abstrakt war, wird nun konkret, bekommt ein Gesicht und einen Namen und eine Vorgeschichte. Aus dem Universellen wird das Individuelle, wenn nicht mehr anhand von Prinzipien diskutiert wird, sondern aufgrund direkt gesammelter Erfahrungen.
Film-Rezensionen.de

Ein kleiner, feiner Film und man sitzt im Sessel und will irgendwann die Leinwand anschreien.
Filmriss-Leipzig.de
(Podcast ca. ab Min. 50)

Hier geht es auch nicht nur einfach um einige Frauen. Diese stehen auch symbolisch für ganze Menschengruppen und den Umgang mit ihnen, weshalb man in vielen Sequenzen Anspielungen auf die Flüchtlingsgeschichte und auch den aktuellen Zeitgeist entdecken kann.
Tag24.de

In bedächtigen Schritten entwickelt Drehbuchautorin und Regisseurin Ásthildur Kjartansdóttir – nach dem Roman von Audur Jónsdóttir – die Rückentwicklung des vorgeblichen Humanismus und der vorgeblich grenzenlosen Toleranz zurück zu einem recht spießigen Zusammenleben nach Regeln im Sinne der Hausbesitzerin und Logisgeberin.
Filmjournalisten.de

[…] Ásthildur Kjartansdóttirs Spielfilmdebüt kann sich sehen lassen. Das Drama dreht sich um die Frage, wie tolerant eine Gesellschaft gegenüber ihren Zuwanderern ist. Kjartansdóttir macht daraus ein ruhig erzähltes, toll fotografiertes und überzeugend gespieltes Kammerspiel, das einzig in seinem letzten Akt etwas mehr Präzision vertragen hätte.
Spielfilm.de

Kjartansdóttir nimmt sich Zeit (…). Sie schont weder ihre Darsteller, und nur Gunnarsdóttir ist Schauspielerin von Beruf, noch den Zuschauer.
Out-Takes: Kino in Zeiten von Corona 20

[…] Finally, Kjartansdóttir’s first fiction feature is a great psychological drama. The movie is rich in intense dialogues, boasts an elegant mise-en-scène and demonstrates the director’s superb knowledge of the acting profession. In addition, the soundtrack, composed by Kira Kira, serves the film’s purposes well, and does so in an effective and understated manner. […]
Cineuropa.org (Edinburgh-Review 2019)

 

6,5/10 von 35 (IMDb)

Festivals
  • Isländischer Filmpreis Edda 2020 – Nominierung v. KIRA KIRA für die beste Musik
  • Internationales Frauenfilmfestival 2019 Florenz – Friedenspreis
  • Edinburgh International Film Festival 19.-30. Juni 2019 (Nominierung „Audience Award“)
  • The 66th Sydney Film Festival 5.-16. Juni 2019 (Nominierung „Audience Award“)
  • 38th Minneapolis St. Paul International Filmfestival 04.-20. April 2019 (US Premiere / Nominierung „Emerging Filmmaker Award“)
Producer’s Statement

Tryggð / The Deposit ist für uns die Gelegenheit, der Gesellschaft den Spiegel vorzuhalten und das Publikum zu befragen: „Sind wir wirklich so aufgeschlossen, wie wir glauben, dass wir es sind?“.
Viele von uns scheinen gegenüber Flüchtlingen, die in unsere Länder ziehen, sehr offen zu sein, aber nur wenige von uns wollen, dass sie nebenan wohnen. Mit diesem Film wollen wir eine Diskussion und eine Debatte anstoßen und unser Publikum wirklich herausfordern.

Island ist das am stärksten isolierte der westlichen Länder und daher der perfekte Ort, um diese Geschichte mit einer maximalen emotionalen Wirkung zu erzählen. Aber diese Themen sind international. Überall kann das Publikum auf Themen wie Vorurteile, Rassismus und die Empfindlichkeiten treffen, die dann entstehen, wenn Einwanderer*innen und Einheimische aufeinander treffen.
Wir freuen uns sehr, dass wir nun den Film einem Publikum auf der ganzen Welt und auch bei uns zu Hause zugänglich machen können.

Eva Sigurdardottir & Ásthildur Kjartansdóttir 

Director’s Statement

Auður Jónsdóttirs Roman Tryggðarpantur (The Deposit) hat mich sofort stark beeindruckt. Die Geschichte enthüllt die Schwierigkeiten des Zusammenlebens, des gegenseitigen Verstehens und Respekts und zeigt, wie leicht sich Beziehungen zu einem Machtkampf entwickeln können. Das Thema der Buchvorlage ist heute angesichts der steigenden Zahl von Flüchtlingen, die in Island und in ganz Europa Asyl suchen, ein wichtiges politisches Thema.
Mit diesem Film wollte ich den schmalen Grat zwischen Freundlichkeit und Grausamkeit ausloten, wenn unser Eigeninteresse auf dem Spiel steht. Ich möchte, dass die Zuhörer Gísella direkt in ihr Herz schließen und erkennen, wie wichtig es ist, bescheiden und verständnisvoll zu sein, auch wenn wir Gefahr laufen, etwas zu verlieren, das für uns äußerst wertvoll ist.
Mit einem Film voller starker visueller Eindrücke und einer mutigen Erzählung wollte ich die Zuschauer dazu zwingen, sich selbst zu betrachten – in den Spiegel zu schauen und zu hinterfragen, wie sie in Gisellas Situation reagieren würden.
So wie es das Buch bei mir getan hat.

Ásthildur Kjartansdóttir

Bio Ásthildur Kjartansdóttir

Ásthildur Kjartansdóttir hat vor ca. 30 Jahren aktiv damit begonnen, Drehbücher zu schreiben, Regie zu führen und Filme zu produzieren. Dramen, Dokumentarfilme, Kinderfilme gehörten dabei ebenso zu ihrem Repertoire wie Fernseh- und zuletzt auch Web-Serien.
Ihr jüngster Film, der Kurzfilm IN SICKNESS AND HEALTH wurde beim Nordisk Panorama, Reykjavik International Film Festival (RIFF) und bei den Icelandic Academy Awards (Edda) für den besten Kurzfilm nominiert. Ihr erster Kurzfilm PALLI ALONE IN THE WORLD wurde beim 1997  beim Istanbul Film Festival als bester Kurzfilm ausgezeichnet. Ásthildur hat 1998 ihre Produktionsfirma Rebella Filmworks gegründet und ihre Filme wurden bisher in den nordischen Ländern und Kanada vertrieben. Zwei ihrer Dokumentarfilme wurden für den „isländischen Oscar“ (Edda) nominiert und zwei ihrer Dramen wurden für den DV-Kulturpreis in Island nominiert.

Filmografie (Ausschnitte):
The Deposit (2019) – Feature film
In Sickness and in Health (2012)
Short Stories for Deaf (2010) – Web series
Noi, Pam and Their Men (2002) – Documentary
One is a Woman (2001) – Documentary series
Sylvia and Darri (1998) – TV movie
Palli Alone in the World (1997) – Children’s film
A Dream About a Dream (1996) – Docudrama
Seppi (1991) – Children’s film

Linkliste

Zum Film
FB-Page „Tryggð“ (Link)
Rebella Works Produktion (Link)
Askja Films (Link)
Auður Jónsdóttir (Link)
Kira Kira on Soundcloud (Link)

Und sonst …
Nordic Women in Film (Link)

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